Im Vordergrund ist ein Kind zu sehen, welches auf einen Fernseher guckt, der im Hintergrund steht.

Vor kurzem saß ich mit meinem Kind vor dem Fernseher und wir schauten zusammen einige Kinderserien; unter anderem „Die Beni-Challenge“. Bei dem TV-Format handelt es sich um eine Serie, in der Benedikt „Beni“ Weber eine Aufgabe bekommt, die er lösen soll. Im Anschluß wird er für die Ausführung des Auftrags bewertet.

In Staffel 6 Folge 7 soll er einen Traum träumen und diesen wahr werden lassen. Bevor er sich an die Umsetzung macht, besucht er erst einmal eine Bibliothek. Beni scheint jedoch nicht nur in eine Bibliothek gegangen, sondern auch gleich noch ein Jahrhundert in die Vergangenheit gereist zu sein. Nicht anders kann ich mir die nun folgenden Szenen erklären.

Die Bibliothek, in die Beni ging, war menschenleer. Kaum fing er an zu sprechen, machte er das typische „Pst“, da es in Bibliotheken ja leise sein müsse. Und um dem Ganzen die Krone der Antiquiertheit aufzusetzen, lag vor Beni ein alter Stapel Bücher. Er schlug ein Buch auf und pustete Unmengen von Staub auf. Und damit war der Ausflug in der Bibliothek vorbei.

Also ganz ehrlich: Da draußen ist das 21. Jahrhundert. Bibliotheken sind in diesem bereits angekommen. Das Fernsehen hingegen noch nicht. Oder möchte der Disney Channel Kindern die Bibliotheken vermiesen? Bibliothekare und Bibliothekarinnen tun so viel dafür, Bibliotheken attraktiv zu gestalten und dann werden solche unterschwelligen Botschaften gesendet? Das muss doch nicht sein!

Zumal die Informationen auch einfach falsch sind. Ich habe noch keine Öffentliche Bibliothek gesehen, die komplett leer war. Und Staub taucht da genauso viel auf wie an anderen Orten auch. Medien müssen teilweise wochen- oder monatelang vorgemerkt werden. Das ist ein Zeichen, dass die Angebote beliebt sind. Und nun zum letzten Klischee: Bibliotheken leise? Ja, gewiss, einige Arbeitsbereiche sind durchaus ruhig. Aber Bibliotheken sind schon seit Jahren nicht mehr nur zum Arbeiten da. Es gibt Vorlesestunden, Workshops und Buchclubs. Nutzer:innen können dort lernen, wie ein Podcast aufgenommen und veröffentlicht wird, wie Gipsmasken gegossen werden oder die Sprache der Quipu erlernen. Nichts davon funktioniert, wenn alle leise sind! Ach, und wo wir schon dabei sind: Bibliotheken bieten nicht nur Bücher zur Ausleihe an. Hier können Zeitschriften, DVDs, Spiele, aber auch Dinge wie Nähmaschinen, Spielekonsolen oder gar Kunstwerke ausgeliehen werden. Ich empfehle dazu eine Recherche zu „library of things“. Die Elektronische Plattform für Erwachsenenbildung in Europa ist ein guter Einstieg.

Ich würde mich sehr freuen, wenn der Disney Channel – und gerne auch andere Kanäle – einmal in sich gehen und über ihre Darstellung von Bibliotheken nachdenken. Hier muss ein Umdenken stattfinden, so dass auch solche kurzen und scheinbar nebensächlichen Clips als Werbung FÜR Bibliotheken genutzt werden. Oder ist das gar nicht im Interesse der Sender, da Bibliotheken die Kinder ja vom Fernseher wegholen könnten? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …